Radiogeschichte Österreichs
 

über die sendetechnische Entwicklung des Rundfunks in Österreich.




Der "Zwischensender" Graz
Da der erste Direktor der RAVAG Oskar Czeija aus der Steiermark stammte, war es nahe liegend, dass der erste Sender außerhalb Wiens in Graz gebaut werden würde. Der Umstand, dass der Präsident der RAVAG Anton Rintelen auch Landeshauptmann der Steiermark war, beschleunigte das Vorhaben, sodass etwa zeitgleich mit der Inbetriebnahme des Wiener Senders die Planungen für einen Sender in Graz begannen.

Der erste Sender musste wegen der geringen Sendeleistung von nur 500 Watt (andere Quellen geben 350 Watt an) inmitten des Stadtgebietes aufgestellt werden. Die Standortwahl fiel auf den Schlossberg, wobei zum Schutz des Stadtbildes (auch solche Probleme gab es damals schon!) für den Sender aber nur ein kleines, unauffälliges "Gartenhäuschen" gebaut werden durfte. Die Reusenantenne war zwischen einem nur 30 m hohen abgespannten Mast und dem Glockenturm am Schlossberg aufgespannt.

Der für Graz vorgesehene Sender wurde bereits Ende 1924 in Wien erprobt und im Januar 1925 nach Graz überstellt. Große Probleme bereitete die Programmzuführung aus Wien, da die bestehenden Telefon-Fernkabel durch den normalen Telefonverkehr bereits überlastet waren. Man behalf sich daher mit so genannter leitungsgerichteter Hochfrequenztelefonie, wobei ein hochfrequentes Radiosignal als "Gleitwellen" einer Freileitung folgt. Das Signal nach Graz lief über die bestehende 5 mm-Bronzeleitung Wien-Triest.

Am 30. März 1925 wurden die Sendungen auf "Welle 404" (= 743 kHz) aufgenommen.


Im Vordergrund rechts das "Gartenhäuschen", in dem von 1925 bis 1929 der erste Grazer Sender untergebracht war. Die Reusenantenne war zwischen einem nur 30 m hohen abgespannten Mast und dem im Hintergrund sichtbaren Glockenturm aufgespannt. Auch heute beherbergt das ehemalige Senderhaus funktechnische Anlagen.

Die Frequenzwahl für Graz bereitete Schwierigkeiten, was zu oftmaligen Frequenzwechseln führte. Wegen der geringen Leistung war das Signal schon in geringer Entfernung durch Signale anderer Stationen gestört. Die Trennschärfe der damaligen Empfangsgeräte war meist schlecht. Am 1. Januar 1926 wechselte man auf 756 kHz, am 14. März 1926 auf 746 kHz, am 14. November 1926 auf 820 kHz und am 20. Dezember 1926 auf 840 kHz. Mit dem Brüsseler Wellenplan erhielt man am 13. Januar 1929 eine offizielle Zuweisung von 847 kHz als 2. Hauptfrequenz.

Anfang 1927 wurde das Erdnetz vergrößert, was zu einer deutlichen Verbesserung der Übertragungsleistung führte. Am 30. Januar 1928 ging in Bruck an der Mur eine Hochfrequenz-Verstärkerstation in Betrieb, da die bisherige verstärkerfreie Signalzuführung wegen ihrer Länge sehr störungsanfällig war. Überdies wurde ab Bruck auch der Sender in Klagenfurt versorgt, der damit eine noch längere Zuleitung hatte.
 


Der Sender Graz-St. Peter 1933.
Bildquelle [7]

Mit der Verstärkung des Senders am Rosenhügel in Wien 1928 konnten Teile des dortigen fast neuwertigen 7 kW-Senders für einen anderen Sendestandort verwendet werden. Die Entscheidung fiel auf Graz. Die Suche nach einem geeigneten Grundstück verzögerte jedoch die Umsetzung der Planung, sodass erst Anfang Juli 1928 auf einem 6 Hektar großen Grundstück in St. Peter im Südosten von Graz mit dem Bau eines "Großsenders" begonnen werden konnte. Nun regte sich jedoch auch Widerstand in der örtliche Bevölkerung, welche durch die beiden Sendemasten eine erhöhte Gefahr durch Blitzeinschlägen befürchtete und Protestversammlungen gegen den Senderbau abhielt.

Die Antennenanlage war sehr aufwändig konzipiert. Eine 85 m hohe vertikale Reuse mit einem kurzen Querstück am oberen Ende war zwischen zwei gegen Boden isolierten je dreifach abgespannten Gittermasten mit 95 m Höhe aufgehängt. Der Abstand der beiden Masten betrug 200 m. Zwischen den Masten wurde in 30 cm Tiefe ein Erdnetz verlegt, das über je 17 m Tiefe Brunnen an den vier Ecken des Senderhauses mit dem Grundwasser in leitender Verbindung standen.

Die erste öffentliche Versuchssendung erfolgte am 12. April 1929 auf 847 kHz , die offizielle Betriebsaufnahme folgte schließlich am 17. Juni 1929.

Mit Inkrafttreten des Luzerner Wellenplanes am 15. November 1934 wechselte Graz-St.Peter auf 886 kHz, einer Frequenz, der man in Graz bis 1950 treu blieb.


Da die aufwändige Reusenantenne von 1929 offenbar nicht die erwarteten Leistungen brachte, entstand schon 1937 ein neuer 156 m hoher selbst strahlender Sendemast, der an der Spitze einen Ring mit 11 m Durchmesser als Dachkapazität besaß. Die Inbetriebnahme erfolgte am 28. August 1937. Am 19. Januar 1938 erfolgte eine Verstärkung der Sendeleistung in auf 15 kW.

Nach dem "Anschluss" an Nazi-Deutschland im März 1938 strahlte Graz gemeinsam mit Klagenfurt auf 886 kHz das Programm des "Reichssenders Wien" aus. Mit der Inbetriebnahme des Senders Dobl am 22. Februar 1941 wechselten Graz-St. Peter und Klagenfurt-St. Peter auf 1285 kHz. Diese Frequenz wurde "Ostmärkische Gleichwelle" genannt, wobei zusätzlich insgesamt 10 Kleinsendern von je 100 W Leistung auf dieser Frequenz betrieben wurden. Die Kleinsender wurden von der "Deutschen Reichspost" in größeren Orten der Steiermark (Bruck/Mur, Eisenerz, Judenburg, Leoben, Mürzzuschlag), Kärntens (Kötschach, Radenthein, Spittal/Drau, Villach) und Osttirols (Lienz), das damals zu Kärnten gehörte, errichtet, welche durch die beiden Hauptsender in Graz und Klagenfurt nur ungenügend versorgt werden konnten.
 


Das Sendergebäude in Graz-St. Peter in unmittelbarer Nachbarschaft des ORF-Funkhauses heute.
Im niedrigen Gebäudeteil rechts stand der Sender, im mittelhohen Bau sehen wir die Fenster zum ehemaligen Studio, im zweigeschossigen Gebäude links waren Büros, die Wohnung des Hauswartes, ein Künstlerzimmer sowie Werkstätten untergebracht. Heute beherbergt der Komplex Behindertenwerkstätten.

"Freiheitssender Ausseerland"
Ein bis heute mysteriöses Kapitel der österreichischen Rundfunkgeschichte stellt der "Freiheitssender Ausseerland" dar. Obwohl im Ausseerland damals auch ein richtiger Sender vorhanden gewesen sein dürfte, wurden dieser aber offenbar nie in Betrieb genommen, da es immer möglich war, die in Aussee produzierten Programme über zumindest einen bestehenden Sendestandort auszustrahlen.

Die Geschichte im Detail:

Im Angesicht der immer bedrohlicheren Situation in Wien im März 1945 wurden Kulturgüter und "strategisch wichtige Güter" von Wien ins Ausseerland verbracht, wo die Reste der NS-Führung, umgeben von hohen Bergen, hoffte, den vorrückenden alliierten Truppen noch länger Widerstand leisten zu können. Ein Grund war gewiss auch, dass die schönen Sachen, wenn schon, den Amerikanern in die Hände fallen sollten. Aber auch die führenden NS-Herrschaften erhofften sich von den Amerikanern eine bessere Behandlung als von den Sowjets.

So wurde auch Anfang April 1945 technisches Studiomaterial, Archivalien und der Mittelwellen-Sender "Wien II" unter Leitung des seit 1924 beim Rundfunk in Wien tätigen Völkerkundlers Andreas Reischek mit zwei Lastwagen ins Ausseerland verfrachtet. Rund um das Hotel "Die Wasnerin" wurde der Stützpunkt eingerichtet. Im "Teichschloss" entstanden behelfsmäßige Studios, von wo die noch in nationalsozialistischer Hand befindlichen Sender mit Programmen versorgt werden sollten. Man beabsichtige, dafür entweder die noch intakten Telefonleitungen zu nutzen oder, die auf Tonband aufgenommene Sendungen per Auto zu den Sendestandorten zu bringen.

Als Ende April 1945 die Lage der Nationalsozialisten bereits aussichtslos war, entschlossen sich Aktivisten einer lokalen Widerstandsgruppe, den "Sender" zu erstürmen. Da Andreas Reischek bereits seit einiger Zeit mit den Widerstandskämpfern zusammenarbeitete, erfolgte die "Erstürmung" letztlich gewaltfrei Anfang Mai 1945 (nicht mehr genau datierbar, 1. oder 5. Mai). Am darauf folgenden Tag begann man mit der Produktion von Programmen, die über den leistungsstarken Sender Dobl bei Graz, wohin noch eine intakte Telefonleitung bestand, ausgestrahlt wurden. Dieser Umstand bescherte dem "Freiheitssender Ausseerland" eine beträchtliche Reichweite.

Als am 8. Mai 1945 US-Truppen das Ausseerland besetzten, konnte der Programmbetrieb zwar weiter geführt werden, allerdings unter Aufsicht der Besatzer. Doch schon am 12. Mai 1945 mussten die Sendungen eingestellt werden, als nämlich sowjetische Truppen die Steiermark besetzten und damit die Sendungen über Dobl unterbanden. Das gesamte technische Gerät wurde in der Folge bis Ende Mai nach Salzburg verfrachtet, wo am 3. Juni 1945 der reguläre Rundfunkbetrieb wieder aufgenommen wurde.

Dem "Freiheitssender Ausseerland" war damit nur eine sehr kurze Existenz von 7 bis 10 Tagen beschieden.
 


"Die Wasnerin", Standort des ehemaligen "Freiheitssenders" südwestlich von Bad Aussee, dahinter der Dachstein mit seinen Gletschern. Heute ist das Anwesen Teil eines großen Hotelkomplexes.

Der Sender Dobl
 
Allgemeines
 
Ab etwa 1930 begann man in Deutschland Großsender zu bauen. Darunter verstand man Anlagen mit Leistungen von 60 kW (z.B. Mühlacker) bis 120 kW (z.B. Leipzig). Parallel dazu ging die Entwicklung von Großleistungs-Senderöhren, mit denen zusehends immer mehr bestehende Sender auf größere Leistungen umgebaut wurden. Da durch die Leistungssteigerung auch die Reichweiten beträchtlich zunahmen, konnten benachbarte Sender mit gleicher Sendefrequenz in Gleichwellenbetrieb zusammengeschaltet werden.

Als 1938 ein "Ätherkrieg" zum Zweck politischer Propaganda abzusehen war, erhielt die Deutsche Reichspost vorgeschrieben, ihre Großsender so umzurüsten, dass sie innerhalb weniger Minuten einen Frequenzwechsel durchführen konnten. Da diese Anforderung von den bestehenden Großsendeanlagen nicht erfüllt werden konnte, wurden völlig neue 100 kW Sender errichtet (u.a. Breslau, Hamburg, Heilsberg in Ostpreußen, Mühlacker bei Stuttgart, Ismaning bei München, Dobrochov bei Brno und Dobl bei Graz).

Diese neuen "Umbausender" waren für verschiedene Frequenzen jeweils mit besonderen Steuerquarzen ausgerüstet, während sie sich, auf Eigenerregung umgeschaltet, in etwa 10 bis 20 Minuten auf jede beliebige Frequenz zwischen 500 und 1500 kHz abstimmen ließen.
 


Die Sendeanlage Dobl: Von rechts nach links die Kraftzentrale mit dem 1050 PS-Dieselaggregat, der Energietrakt mit den Transformatoren und Gleichrichtern, der Haupttrakt mit dem Sendesaal im Obergeschoss und dem früheren Siebraum im Untergeschoss (heute Studios von "Antenne Steiermark"), der ehemalige Verwaltungstrakt (heute Musikschule und Büros) - Ein bemerkenswertes Detail ist der "Renaissanceerker" im Obergeschoss links; hier befand sich das Büro des Sendeleiters.

Der 156 m hohe Sendemast dient heute als Antennenträger für Mobilfunk und Amateurfunk. Mit den Mieteinnahmen kann die Erhaltung finanziert werden.

 


Die Isolatoren an den Halteseilen, dahinter der Kühlturm für Sender und Dieselaggregat



Prinzipskizze des Sendemastes Dobl (h=156m, Abspannungen in 63m und 113m, Dachkapazitätsring mit 12m Durchmesser [1977 entfernt]).


Der Fußisolator mit der ehemaligen Sendeeinspeisung

Das Abstimmgebäude für die Antenne; die doppelt ausgeführte Speiseleitung vom Sendegebäude verläuft unterirdisch.
 
Betriebsgeschichte in Dobl
 
Etwa 15 km südwestlich von Graz entstand 1940 der "Großsender" Dobl mit 100 kW Sendeleistung und einem 156 m hohen Antennenmasten. Dieser Sender wurde vom "Reichsrundfunk" bis Kriegsende für Propagandasendungen in den Balkan verwendet. Der Sender Graz-Dobl (ursprünglich "Versuchsanlage G" oder "Sender Alpen" genannt) fügt sich in ein europaweites Sendernetz der Deutschen Reichspost. Diese Anlagen zählten zum Netz der DES ("Deutscher Europa-Sender"), von denen 56 im Jahr 1942 in Betrieb waren.

Dobl nahm am 22. Februar 1941 auf 886 kHz seinen Sendebetrieb auf. Die – wie bei allen Sendeanlagen – zu Kriegsende vorgesehene Sprengung des Senders konnte vom Senderpersonal vereitelt werden. Die Sowjets, die für kurze Zeit die Steiermark besetzt hielten, wollten den Sender demontieren und nach Wien bringen, wo alle Sendeanlagen zerstört waren. Man konnte sie jedoch davon überzeugen, dass beim Transport z.B. die Röhren kaputt gehen würden.

Wenig später übernahmen die Briten die Steiermark als Besatzungszone. Nun versuchte aber der wieder eingesetzte Rundfunkchef Oskar Czeija, den Sender nach Wien zu bringen. Diesmal waren erheblich mehr Überredungskünste notwendig, um dies zu verhindern.

Die BBC konnte diesen leistungsstarken Sender gut gebrauchen, um in die Balkanregion Sendungen auszustrahlen. Ab Ende August 1948 wurden zuerst 2,5 Stunden, zu Jahresende dann 8 Stunden täglich in Tschechisch, Ungarisch, Serbokroatisch, Slowenisch, Rumänisch und Italienisch gesendet. Die Zuspielung aus London erfolgte per Kurzwelle und war sehr störungsanfällig.

1950 planten die Briten sogar, die Sendergruppe "Alpenland" nach dem Vorbild von Radio Luxemburg in eine kommerzielle Gesellschaft umzuwandeln, die es ihnen erlaubt hätte, weiter Propagandasendungen über Dobl ausstrahlen zu können. Zudem verlor die BBC bei der Kopenhagener Wellenkonferenz 1948 den Standort Hamburg-Norden (120 kW), womit der Sender Dobl eine Aufwertung erfuhr.

Im Zuge des Kopenhagener Wellenplanes änderte Dobl am 15. März 1950 seine Frequenz auf 1025 kHz, der man bis zuletzt treu blieb. Ab August 1950 strahlte die "Sendergruppe Alpenland" auch ein 2. Programm aus. Für Graz stand aber nur ein 200 W-Sender zur Verfügung, der auf 519 kHz betrieben wurde. Der 15 kW-Sender in St. Peter erhielt laut Kopenhagener Wellenplan gemeinsam mit Klagenfurt die Frequenz 719 kHz zugewiesen, welche sich als völlig unbrauchbar erwies, als hier ab 1. Mai 1951 ebenfalls "Radio Free Europa" aus Holzkirchen mit der zehnfachen Leistung sendete. Man wechselte daher auf 728 kHz.

Die österreichischen Behörden waren stets der Ansicht, dass man den starken Sender in Dobl besser selbst nutzen könne, zumal der schwächere Sender Graz-St. Peter nicht einmal die ganze Steiermark vernünftig versorgen konnte, und forderten eine Freigabe durch die Briten. Am 22. Januar 1954 wurde die "Sendergruppe Alpenland" dem am 19. Mai 1953 gegründeten Österreichischen Rundfunk übergeben.
 

Im Sendesaal: Von links nach rechts das Steuerpult, der Senderhauptteil mit den Endstufen 5 und 6 und dem Zwischenkreis, an der Wand der Antennenschalter, rechts davon die Modulationsstufen 1 bis 4.
 

Der wesentlichste Umbau des Senders betraf die Kühlung der Verstärkerröhren, die von eine Wasserumlaufkühlung auf eine Verdampfungskühlung umgebaut wurde, wofür ein Röhrensystem zur Ableitung des Dampfes installiert wurde.


Abstimmrad an der Senderendstufe 5

In ein Schutzglas eingeätztes Herstellerzeichen
 

 

Schaltschrank mit den Geräten zur Programmzuspielung (links) und zur Steuerung des Gleichwellenbetriebes auf 1025 kHz (rechts; 1959 erneuert).

 
Entwicklung nach Ende der Besatzungszeit
 
Am 23. November 1953 wurde ein gemeinsames 2. Programm des "Österreichischen Rundfunks" über die Sender Wien, Graz und Klagenfurt ausgestrahlt.

Am 18. Juli 1954 erfolgte eine Neuordnung der Frequenzen. Durch die weitere Fremdnutzung des Senders Dobl sollte das 1. (regionale) Programm nur über einen 200 Watt-Sender in Graz-St. Peter übertragen werden, der damit kaum über das Grazer Stadtgebiet hinaus zu empfangen war. Der 15 kW-Sender in St. Peter war für das 2. (nationale) Programm im Synchronbetrieb mit Kronstorf auf 584 kHz vorgesehen. Als Übergangslösung wurde aber dann das 1. Programm über den 15 kW-Sender auf 665 kHz ausgestrahlt und das 2. Programm über den 200 Watt-Sender auf 520 kHz.

Der Empfang auf 665 kHz war wegen der mehrerer Sender des "Südwestfunk" allerdings auch höchst unbefriedigend, was im Herbst 1954 zu einer Frequenzänderung auf  1394 kHz führte. Graz- St. Peter strahlte jedoch nun sein Regionalprogramm auf der gleichen Frequenz wie Linz aus, wodurch es im Winter ganztätig zu gegenseitigen Störungen kam. Ab 15. November 1954 musste der Sender St. Peter tagsüber abgeschaltet werden. Das Regionalprogramm für die Steiermark konnte ab 1. November 1954 jedoch über Dobl gesendet werden, sofern die BBC keine Sendungen ausstrahlte.

Anfang 1955 konnte ein neuer 25 kW-Sender in St. Peter für das 2. Programm in Betrieb genommen werden, der auf die geplanten 584 kHz abgestimmt wurde. Die problematische Situation beim 1. Programm auf 1394 kHz änderte sich erst, als am 26. August 1955 der Sender Linz auf die Frequenz 890 kHz, welche zuvor der dortige US-Militärsender KOFA benützte, umgestimmt wurde. Da am 19. Juli 1955 auch die Nutzung des Senders Dobl durch die BBC endete, konnte endlich eine befriedigende definitive Frequenzlösung realisiert werden: Graz-St. Peter mit 25 kW mit dem Regionalprogramm auf 1394 kHz, Graz-Dobl mit 100 kW mit dem Nationalprogramm auf 1025 kHz.

Der alte 15 kW-Sender in St. Peter verlieb als Reserve weiter erhalten und kam auch bald wieder regulär zum Einsatz, als in Dobl das Kühlsystem der Röhren umgebaut wurde. Vom 2. März bis zum 10. Juni 1959 wurde ganztägig und bis zum 26. Juni 1959 halbtägig auf 1025 kHz aus St. Peter gesendet.

1966/67 wurde in Dobl die alte Lorenz-Gleichwellenanlage gegen eine von Telefunken getauscht. Ab dem 1. Oktober 1967 erfolgte die Ausstrahlung von "Österreich 1" aus Dobl auf 1025 kHz, von "Österreich Regional" weiter aus St. Peter auf 1394 kHz. 1976/77 wurde der Sendemast in Dobl gründlich saniert, wobei man 1976 auch das Erdnetz neu verlegte und 1977 der Kapazitätsring an der Mastspitze entfernte. Am 5. September 1977 wurde die Ausstrahlung von "Österreich-Regional" über den Sender Graz-St. Peter eingestellt. Der Sender Dobl strahlte noch bis zum 1. März 1984 ein Mischprogramm aus.

Die Antennenanlage in Graz-St. Peter wurde nach Einstellung der Mittelwellenausstrahlung abgetragen. Das Gelände ist heute teilweise eine "bioproduktive Fläche" mit Biotopen. Das Sendergebäude beherbergt heute Behindertenwerkstätten.
 

Das 1050 PS starke Notstromaggregat stammt von 1939 und ist noch voll betriebsfähig.
 
Der technikhistorische Wert der Anlage in Dobl:
 
Durch die Zerstörung der Sendeanlage auf dem Bisamberg bei Wien im Mai 1945 war Dobl für einige Zeit der einzige moderne Großsender im damals noch besetzen Österreich. Erst im Jahr 1951 kamen zwei 100 kW Westinghouse-Sender in Linz/Kronstorf und Wien/Wilhelminenberg dazu (damals Sendergruppe "Rot-Weiß-Rot"). Doch erst 1959 wurde am Bisamberg mit 240 kW eine höhere Leistung installiert (1975 auf 600 kW verstärkt). Linz/Kronstorf war nach 1955 im Gleichwellenbetrieb mit Dobl und von hier angesteuert. Beide strahlten das Programm Ö1 auf 1025 kHz (nach 1978 auf 1026 kHz) aus.

Die Anlage in Dobl stammt aus dem Jahr 1942 und ist bis auf einen Umbau der Leistungsendstufen und der Vorstufen bis heute in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Die gesamte Anlage ist auf größtmögliche Betriebssicherheit ausgelegt, die meisten Energieversorgungs- und Senderteile sind doppelt (umschaltbar) angelegt. Die hervorragende Verarbeitungsqualität zeigt sich sogar im Außenputz, der bis heute erhalten ist. Durch die im Vergleich mit ähnlichen Anlagen der Zeit auffällig großzügig angelegte Anlage war ein wochenlanger Betrieb ohne Energiezufuhr von außen möglich.

Damit ist der Mittelwellensender Dobl die einzige in Europa erhaltene Anlage dieser Zeit, die in dieser kompletten Form noch existiert.
 

 
Quelle u.a.: Peter Donhauser, Klaus Kada, Peter Rebernik. Technikhistorisches Gutachten zur Sendeanlage Dobl. Technisches Museum Wien 1993.

1953 - Der Aufbau des UKW-Sendernetzes

letzte Änderung: 09.01.2011

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